Durch die Brille des Handwerks

Februar 2025

Liebe Mitglieder von HANDWERK BW!

Na also, geht doch: Völkerverständigung, ein friedliches Miteinander von Menschen verschiedener Nationen, gemeinsames Absingen von Nationalhymnen ohne Störgefühle, freundschaftliche Begegnungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaftlern und selbstbewusste Mittelständler, die einen wesentlichen Lebenssinn in Fleiß und Leistung und im Ehrenamt sehen. Sie werden jetzt denken: In welchem Film sitzt der denn jetzt? Ein Traum vom Paradies?

Nein, kein Traum. Sondern eine Geburtstagsfeier im Handwerk. Am Tag nach der Bundestagswahl. Der Jubilar hatte ins örtliche Vereinsheim geladen und alle kamen: Freunde aus nah und Berufskollegen aus fern, Geschäftspartner aus der Industrie und Gremienkollegen aus den zahlreichen ehrenamtlichen Engagements, Hochkaräter aus Wirtschaft und Verbänden, die Bürgermeisterin, einfach alle. Was für ein Hallo, ein fröhliches Durcheinander von Dialekten aus ganz Deutschland, Sprachen aus halb Europa. Und am Ende sangen alle „Freude schöner Götterfunke“ zu Beethovens Melodie, die unsere Europahymne ist. Bekannte Liedzeile: „Alle Menschen werden Brüder“.

Wie gern hätten wir den Akteuren im politischen Berlin zugerufen: Schaut auf dieses Fest! Es geht doch! Und Sie dürfen mich für naiv halten – aber so langsam fehlt mir eine Idee, welche Lösung es für die verzwickte Lage unseres Landes geben könnte jenseits dieser Haltung: Werdet Brüder, naja  wenigstens: Vertragt Euch, packt es an, mit Herz und Verstand.

Es wäre wichtig, gerade wenn es an der Spitze unseres Landes keine Liebeshochzeit, sondern eher eine Zweck-Ehe gibt. Den von vielen erhofften Tschakka-Moment hatte der Wahlsonntag für die wenigsten auf Lager. Stattdessen: demütiges Abwarten bei den einen, verstetigte Frustration bei den anderen. Und während die Interessenvertreter der Wirtschaft gebetsmühlenartig wiederholen, was sie den Kandidaten seit Wochen mit auf den Weg gaben, schreiben die Kommentatoren schon: „Ein Politikwechsel ist mit Schwarz-Rot nicht zu erwarten.“ Zack, Klappe runter. Nix mit Freude, schöner Götterfunke… Wirklich nicht?

Ich gebe nicht auf, an die Chancen zu glauben. Getreu dem neuen Slogan unserer Handwerkskampagne „Komm doch, Zukunft. Wir können alles, was kommt.“ Deutschlands Bürger und Betriebe leisten trotz aller Zukunftssorge jeden Tag noch eine Menge. Das Bundesfinanzministerium teilte vor wenigen Tagen mit, die Steuereinnahmen im Januar seien knapp 9 Prozent höher als im Vorjahr gewesen. Unser Staat ist nicht verarmt, er nimmt mehr denn je ein. Noch ist Substanz und Rest-Stärke da. Also gilt es, keine Zeit zu verlieren. Schaffe, schaffe, ´s Ländle richte.

Wer plakatiert hat, Fleiß müsse sich wieder lohnen, möge jetzt selbst fleißig sein. Und der mögliche kleinere Koalitionspartner möge angesichts des schlechtesten Ergebnisses aller Zeiten anerkennen, dass Pokern und Bremsen das Letzte sind, was wir nun brauchen – angesichts der wirtschaftlichen und auch sicherheitspolitischen Bedrohungen.

Was wir vom Handwerk in den letzten Monaten an Erwartungen formuliert haben, bleibt gültig: Bürokratielast runter, Steuern runter, Energiepreise runter, dafür Förderung für Wohnungsbau und Infrastruktur rauf, schnell starke Signale für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit und in jedem Fall weniger Sonntagsreden und mehr Wertschätzung fürs Handwerk!

Wir verfahren mit diesen Forderungen nicht wie die Parteien mit ihren Plakaten. Wir halten sie aufrecht. Der Ruf nach einem nötigen Richtungswechsel in der Politik fußt auf vielen Jahren vielfältiger Verschlechterungen für unsere Betriebe.

Wer unseren Ruf erhört und danach handelt, tut dem Land Gutes. Handwerk ist ein Gradmesser – wenn unsere Betriebe wieder Hoffnung schöpfen, dann dreht sich die gesamte Stimmung ins Positive. Mein Tipp: Schreiben Sie Ihren frischgewählten Abgeordneten aus Ihren Wahlkreisen (sofern das verrückte neue Wahlrecht Ihnen einen beschert hat) – und nutzen Sie jetzt die Wochen vor der Regierungsbildung, Ihre Erwartungen zu adressieren. Mit dem Versprechen: Wir haben eine gute Wiedervorlage!

Ich würde gern weiter auf Beethovens Freude setzen und nicht auf Brecht, der mal schrieb: „Wir stehen selbst enttäuscht und seh‘n betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Drücken wir die Daumen, dass Deutschland Zuversicht machende Antworten bekommt.

Ich sage auf bald und grüße herzlich!

Ihr Peter Haas

Kontakt über haas(at)handwerk-bw.de

Peter Haas

Hauptgeschäftsführer
Geschäftsführer BWHM GmbH

Telefon 0711 263709-101